Das Anfang der 1970er Jahre erbaute „Iduna-Zentrum“ besteht aus 18 Etagen und 407 Wohnungen aus Stahlbeton. Damals galten die Wohnungen des Wohnblocks in der deutschen Universitätsstadt Göttingen als schick, eine gute Lage. In diesen Luxusapartments lebten Anwälte, Universitätsmitarbeiter und junge Familien. Der Standort war attraktiv, direkt zwischen dem Universitätscampus und dem Stadtzentrum, ausgestattet mit Swimmingpool und Sauna. Im Laufe der Jahre ist das Gebäude verfallen und wird heute von vielen als „Schandfleck“ und „benachteiligtes Gebiet“ angesehen. Die prestigeträchtigen Wohnungen von Hochverdienern wurden zum neuen Zuhause für marginalisierte Gruppen. Die meisten der zahlreichen Wohnblöcke in Deutschland haben das gleiche Schicksal geteilt.

Mein Foto-Essay beschäftigt sich mit dem Alltag, der Umgebung und den emotionalen Welten von Menschen, die derzeit in der Wohnanlage leben. Ich habe 2,5 Jahre lang persönliche Beziehungen zu Drogenabhängigen, Sozialhilfeempfängern, Flüchtlingen sowie Studenten und von Armut betroffenen Altersrentnern aufgebaut, um zu verstehen, was ihr Leben in diesem ehemals prestigeträchtigen Gebäude ausmacht. Deshalb bin ich selbst in den Wohnblock gezogen und habe fünf Monate geblieben. Mit meinem Langzeitprojekt möchte ich über Lebensrealitäten berichten, die nicht nur in den „benachteiligten Gebieten“ größerer Städte existieren, sondern auch mitten in kleineren wohlhabenden deutschen Städten.