Maximilian Mann Ger-district

NATUR.KLIMA.MIGRATION

09.05.2021 / 11:00 - 14:00

Vernissage:                 09.05. 11:00 - 14:00 Uhr
Michael Horbach Stiftung
Wormser Str. 23
50677 Köln

Die zum Teil bereits deutlichen beobachtbaren Folgen des Klimawandels, ausgelöst durch die menschlichen Eingriffe in die Natur sind äußerst vielfältig. Sie umfassen zum einen schleichende Umweltveränderungen wie die zunehmende Versalzung der Grundwasserressourcen, eine Veränderung der tropischen Niederschlagsmuster und eine höhere Wahrscheinlichkeit von Dürren, zum anderen aber auch plötzlich eintretende Ereignisse wie Flutkatastrophen in küstennahen Gebieten als Folge des steigenden Meeresspiegels oder den Anstieg des selbigen. Darüber hinaus ist auch mit einer zunehmenden Häufigkeit und Intensität von Wirbelstürmen in der Karibik und Teilen des Pazifischen wie Indischen Ozeans zu rechnen. Daraus können sich Gefahren für die menschliche Sicherheit ergeben. So besteht einerseits die direkte Gefahr, durch ein Umweltereignis zu Schaden zu kommen. Andererseits steigt u.a. das Risiko von Missernten und damit verbundener Nahrungsmittelknappheit. Neue Gesundheitsrisiken ergeben sich durch ausbreitende Tropenkrankheiten wie Gelbfieber oder Malaria in immer größere Gebiete der Welt.

Millionen von Menschen sind dadurch in ihrer menschlichen Sicherheit bedroht; mit anderen Worten: Es besteht Gefahr für Leib und Leben. Dennoch bleiben auch in Anbetracht dieser Umweltveränderungen menschliche Migrationsentscheidungen höchst komplex. So sind es nicht nur die genannten Folgen des klimatischen Wandels, die Menschen veranlassen, ihren Wohnort zu verlassen. Vielmehr spielen viele Faktoren eine Rolle: Wirtschaftliche, politische oder soziale Rahmenbedingungen können zur Entscheidung beitragen, ob jemand seinen Herkunftsort verlässt oder nicht. Kurz gesagt: In der Regel basieren Migrationsentscheidungen nicht nur auf einer einzigen Ursache, sondern einem Zusammenspiel unterschiedlicher Motive und Zwänge.

Fakt bleibt, das Menschen an allen Orten der Welt Menschen sich gezwungen sehen ihre Heimat zu verlassen, um ein sichereres Leben führen zu können. Die geschieht im Regelfall nicht eruptiv sondern schleichend über lange Zeiträume hinweg und meistens im Lokalen. Vom Dorf in die Kleinstadt, in die Großstadt am Ende dieser Bewerbung stehen die Metropolen des globalen Südens, welche dem sozio-ökonomischen Druck kaum standhalten werden.

Die Arbeiten der Ausstellung zeigen zum einen menschliche Eingriffe in die Natur, zum anderen deren Auswirkungen auf die Menschen vor Ort und die gesellschaftlichen Folgen auch für Europa.

Die Aussteller*innen sind: Aliona Kardash, Julia Sellmann, Daniel Chatard, Thomas Morsch & Magnus Terhorst, Maximilian Mann, Dirk Gebhardt

Russian Germans - Aliona Kardash

In Deutschland leben heute rund 2,4 Millionen Russisch-Deutsche. Offiziell sind diese Menschen keine Einwanderer, sondern Deutsche, die aus Russland in ihr Mutterland zurückgekehrt sind. Das war auch der Grund, warum sie bereits an der Staatsgrenze reguläre deutsche Pässe bekamen. Ihre Vorfahren wanderten im 18. Jahrhundert dem Ruf von Königin Kathrin der Große folgend nach Russland aus, um sich dort niederzulassen.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts lebten bereits 1,7 Millionen Deutsche in der sogenannten „Deutschen Republik“ im europäischen Teil Russlands. Während des Zweiten Weltkriegs wurden sie als Feinde im Land angesehen und ohne das Recht auf Rückkehr nach Sibirien und Zentralasien deportiert. Deutschland und die Sowjetunion haben 1990 einen Pakt unterzeichnet, der es „Sowjetbürgern deutscher Staatsangehörigkeit“ ermöglichte, ihre „nationale, sprachliche und kulturelle Identität“ zu erfüllen.

Viele Menschen nutzten diese Möglichkeit, um der schlechten wirtschaftlichen Lage, Armut und Instabilität in Russland zu entkommen und nach Deutschland auszuwandern. Aber anstelle der gewohnten täglichen Probleme kamen andere Schwierigkeiten. Die Gemeinden, die in Russland als Deutsche angesehen wurde, wurde plötzlich russisch, weil sie kulturell mit jedem Dorf in Sibirien mehr Ähnlichkeiten hatten, als mit ihrer neuen Heimat.

Alles an ihnen war anders - Gewohnheiten, Gesellschaft und sogar die deutsche Sprache hatte sich in den 200 Jahren seit ihrer "Auswanderung" stark verändert. Manchmal verspüren viele von ihnen sogar nach 15 oder 25 Jahren im neuen Land eine starke Nostalgie für die russischen Breiten, sie begannen die Nachrichten aus russischen Medien zu konsumieren und spielten am Wochenende zusammen ein berühmtes russisches TV-Quiz aus ihrer Kindheit. Dies ist ein Projekt über das Leben von Menschen, die nach ihrer Identität und ihrem eigenen Platz in einer neuen Realität suchen, als das Portrait von Heimgegehrten.

Angela – Julia Sellmann

Dort ist sie mit geschwollenem Gesicht, schwarzen Haaren, untergewichtig, nur 2,5 Kilogramm schwer, aber lebendig: seine Tochter Angela. Sellmanns Projekt begleitet sechs Flüchtlingsfamilien aus dem Irak, Syrien, Afghanistan, Nigeria und Kamerun, die ihre Kinder Angela Merkel, Christ Merkel, Angela, Angela, Angela Merkel und Angela als Ausdruck des Dankes für Angela Merkels Flüchtlingspolitik nannten. Sie leben in großen Städten und kleinen Dörfern, in schäbigen institutionellen Wohnungen und liebevoll eingerichteten Wohnungen mit Kinderzimmern geschmückt mit Plakaten deutscher YouTube-Stars an den Wänden. Einige können ihre Geschichten in fließendem Deutsch erzählen, während andere kaum ein Wort darüber sprechen können. Wer sind diese Familien und was haben sie seit ihrer Ankunft erlebt?

Landflucht in der Mongolei - Maximillian Mann

Kaum ein anderes Land ist so stark vom Klimawandel betroffen wie die Mongolei.
Es war einmal: Als Nomaden und ihr Vieh alles, was sie zum Leben brauchten in der Steppe fanden. Es wird jedoch immer schwieriger. Nie hat es einen größeren ländlichen Exodus gegeben als in den letzten Jahren. Jährlich ziehen Tausende von Familien mit ihren Kindern aus den Steppen in die Stadt, um städtisches Glück, Arbeit und Ausbildung zu suchen. Die Jurtenviertel am Rande der Stadt wachsen rasant. 60 Prozent aller Einwohner von Ulan-Batar leben heute in diesen Vororten, einige noch in Jurten. Ungenügende hygienischen Bedingungen, ein Mangel an Trinkwassersystemen und eine schlechte medizinische Versorgung sind charakteristisch für diese Wohngebiete. Für mich sind die Jurtenviertel ein Symbol für den unglaublich schnellen Wandel in der Mongolei. Sie bilden eine Art Übergang zwischen Land und Stadt sowie zwischen nomadischem Lebensstil und Stadtleben. Jurten werden mit der Zeit zu dauerhaften Häusern und Nomaden zu Stadtbewohnern.

Niemandsland - Daniel Chatard

Das Projekt „Niemandsland“ befasst sich mit dem Konflikt um die Gewinnung von Braunkohle im rheinischen Bergbaugebiet, in dem das Energieunternehmen RWE die Tagebauwerke Hambach, Garzweiler und Inden betreibt. Zusammen sind sie die größte Quelle für CO2-Emissionen in ganz Europa. Für den Ausbau der Minen mussten Felder verschwinden, Wälder abgeholzt und ganze Dörfer zerstört und umgesiedelt werden.
Seit 2012 bildet sich jedoch Widerstand in der Umweltbewegung, welche Methoden des zivilen Ungehorsams gegen die Strom-Industrie anwendet und den Hambacher Wald besetzt, dessen Abholzung geplant war. Der Konflikt gipfelte 2018 in der Räumung des Waldes. Da die Überreste des Waldes vermutlich durch die Bemühungen der Umweltschützer gerettet wurden, gewannen die Bewohner der letzten Dörfer, die sich im Umsiedlungsprozess befinden, die Hoffnung, dass sie auch bleiben könnten. Derzeit ist jedoch geplant, den Bergbau bis 2038 fortzusetzen.

Zwischen Hoffnung und Krankheit  -  Thomas Morsch & Magnus Terhorst

Knapp sechshundert Menschen leben in Bukinje, einem kleinen Dorf direkt neben dem größten Kraftwerk Bosnien & Herzegowinas - dem Termoelektrana Tuzla. Etwa achtzig Prozent des bosnischen Stroms werden in diesem Komplex produziert.

Aus Kosten- und Korruptionsgründen  werden weder neue und saubere Technologien eingesetzt noch unternimmt die lokale Politik etwas dagegen.
So wird die giftige Schlacke in die Seen gepumpt, trocknet diese aus und verseucht das Grundwasser. Bedingt durch ihre prekäre Lebenslage bauen die meisten Bewohner*innen ihre Lebensmittel selbst an, was zu einer Vielzahl von Krankheiten wie Krebs oder Asthma führt.
Für die Menschen in Bukinje gehört die Luftverschmutzung zum Alltag, aber sie versuchen, sich gegenseitig zu helfen, so gut es geht, um das Beste aus ihrer Situation zu machen

Die Arbeit von Thomas Morsch und Magnus Terhorst zeigt, wie der Alltag in Bukinje vom größten Kraftwerk Bosniens beeinflusst wird.

Das trockene Herz Brasiliens - O Sertão - Dirk Gebhardt

In neun brasilianischen Staaten im Nordosten des Landes, nur 300 Kilometer von der Küste entfernt, wird das Leben von Dürre und Wassermangel bestimmt. Braun, grau mit grünen Reflexen ist die Landschaft des Sertão. 1,5 Millionen Quadratkilometer trockenes Buschland - das ist das Fünffache der Fläche Deutschlands - werden von Gebirgszügen bizarrer Tafelberge und dem Rio Sao Francisco durchbrochen. Über 35 Millionen Menschen leben im nordöstlichen Hinterland, weit entfernt von den wirtschaftlichen und politischen Zentren des Landes. Die Bewohner sind zwischen 2012 bis 2017 einer großen Dürre ausgesetzt. An vielen Orten hat es nicht genug geregnet, die Erde ist zu Staub zerfallen, die Catinga - das Buschland - ragt wie trockene Skelette in den Himmel. In der Vergangenheit sind die Menschen vor der Dürre geflohen, diesmal halten sie immer durch. Sie kämpfen um jedes Rind, jedes Schaf und jede Krume fruchtbaren Bodens. Die mit modernster Technologie gebohrten Brunnen versiegen, die Stauseen trocknen aus. Dirk Gebhardt begleitete 5 Jahre verschiedene Familien in der Region und hat die sozioökonomischen Veränderungen in einer der unbekanntesten Regionen Brasiliens dokumentiert.