Angefangen hatte alles mit einem Traum, so wie bei fast allen Anfängen einer langen Geschichte.
Mit den Vorbereitungen fing ich circa ein halbes Jahr vorher an. Dafür besuchte ich das Team von gostralia, lies mir einige Erfahrungsberichte im Internet durch und sprach mit dem International Office unserer FH. Der Großteil der Kommunikation und der Arbeit lief über gostralia, mit dessen Service ich relativ zufrieden war.
Es galt eine lange Liste abzuarbeiten, die manch einem beim ersten Anblick den Atem raubt. Vor allem der Antrag auf Ausland-Bafög zog sich sehr in die Länge. Doch früh genug angefangen, ließ sich nach und nach immer mehr abhacken, sodass mir eines Tages die Zusage der Griffith University of Arts vorlag. Als dann schließlich auch der Flug gebucht war, raubten einem Aufregung und das Gefühl von überwältigendem Glück jegliche Gedanken an den Aufwand, der sich bereits gelohnt hatte.
Ich war noch nie außerhalb von Europa, noch nie ein ganzes Halbjahr auf mich allein gestellt. Mit gemischten Gefühlen stand ich am Flughafen, der Abschied fiel mir allerdings nicht schwer, da ich wusste, wenn ich wiederkomme, wird alles so sein, wie es war.
In Australien angekommen kam ich die erste Woche bei Freunden von Freunden unter, die mich herzlich aufnahmen und mir auch bei der Wohnungssuche behilflich waren. Bei der ersten Wohnungsbesichtigung klappte es direkt, sodass ich mir ein kleines Haus in der Nähe der Stadt und der Uni mit 2 Australiern teilte. Die Miete zahlt man wöchentlich und belief sich auf grob 150 Dollar die Woche.
Ich wollte drei Wochen vor Beginn der Uni da sein, damit ich Zeit hatte, mich um eine Wohnung zu kümmern und mich schon einmal einzuleben, wobei dafür auch zwei Wochen vollkommen gereicht hätte.
Brisbane ist eine sehr niedliche und hübsche Stadt. Meine Universität lag direkt am Brisbane River neben einem künstlich angelegten Strand. Das Stadtzentrum befand sich auf der anderen Uferseite.
Die verbliebene Zeit nutzte ich, indem ich das Student help Center der Partnerhochschule aufsuchte, um noch letzte Details bezüglich meines Stundenplanes zu klären. Dort wurde ich sehr freundlich empfangen und mir beteuert, wie schön es ist, dass ich dort sei.
Kurz vor Anfang der Uni fand ein Orientierungs- und Kennenlernausflug für die ganzen beteiligten internationalen Studenten statt, der jedem den Einstieg erleichtern sollte.
Man hat immer Angst, alleine zu bleiben, aber man muss sich vor Augen halten, dass mit dieser Angst jeder dort ankommt und die Leute daher umso kontaktfreudiger sind.
Auf meinem Campus, dem South Bank Campus, war ich die einzige deutsche Austauschstudentin. Ich bedauerte es allerdings nicht, da ich so gezwungen war, durchgehend Englisch zu sprechen und mich nicht erleichtert in das gewohnte Umfeld meiner Muttersprache zu begeben.
Die Universität stellte sich als sehr anspruchsvoll heraus. Dozenten als auch heimische Studenten nahmen mich sehr herzlich und gut in den vier verschiedenen Kursen auf, sodass ich mich schnell wohlfühlte. Die Studios und Werkstätten, generell der ganze Komplex ist atemberaubend groß. Dort findet man jedes Gerät, jede Maschine und sonstigen Zubehör, nach denen man sich als Objekt und Raumgestalter/in sehnt. Dadurch, dass die Dozenten jede Woche einen Fortschritt sehen wollten, verbrachte ich viel Zeit vor Ort. Die Studios und Werkstätten standen so gut wie immer offen und ein Assistent half weiter, sobald es Fragen gab.
Für die Nutzung der Labore und Studios musste man vorab Sicherheitskurse belegen und multiple choice Fragebögen bestehen.
Ich hatte mir insgesamt vier Kurse ausgesucht, einer mehr wäre definitiv zu viel gewesen. Es lief alles über Einzelarbeit, dessen Resultat man in einer überschaubaren Gruppe und vor dem Dozenten zu präsentieren hatte. So konnte man dem Fortschritt der anderen zusehen und sich inspirieren lassen, gleichzeitig hatte man Gelegenheit, sich untereinander Feedback zu geben. Zusätzlich fanden noch Einzelgespräche mit dem Dozenten statt, die mir persönlich sehr weitergeholfen haben. Alle meine Kurse waren praktische Kurse, die sich allerdings auch in Theorie unterteilten. Die Dozenten regelten dies unterschiedlich. In einem Kurs beispielsweise gab es einmal die Woche Theorie und einmal die Woche Praxisunterricht. In einem anderen Kurs wurden die Theorieseminare auf den Beginn des Semesters gelegt, während der praktische Teil den Schluss des Semesters ergab. Was mir besonders gut gefiel, waren Besuche von Menschen aus der Arbeitswelt, die uns in der Universität einen Vortrag über ihr Unternehmen hielten und beispielhafte Arbeiten zeigten. So bekam man eine grobe Vorstellung von dem, was uns in der Zukunft erwartet, was mir sehr an meiner heimischen FH fehlt. Dort wird sehr viel experimentell gearbeitet, was dich allerdings nicht auf den Arbeitsmarkt vorbereitet. Ich empfand den Druck und die Anforderungen auch sehr motivierend, hingegen es in meiner heimischen FH sehr laisséz-faire zugeht. An der FH Dortmund muss man nicht jedes Mal da sein und auch, wenn man nach 2 Monaten noch nichts präsentiert oder geleistet hat, ist das ok. Das Notensystem ist ebenfalls fraglich, da man für mittelmäßige Arbeiten eine 1,0 bekommt und so der notwendige Ansporn ausbleibt. In Australien bestanden die Dozenten außerdem auf schriftliche Arbeiten wie Essays, Resumes und Analysen über Museenbesuche, Künstler, Bilder und Arbeiten, die dir Minuspunkte einbrachten, wenn diese fehlten. Man musste ein Arbeitsheft führen, in denen jede Stunde mitgeschrieben werden musste, in denen Inspiration, Vergleiche, Anregungen und Gedanken niedergeschrieben werden sollten. Ein anderer absoluter Vorteil war die Aushändigung eines ausführlichen Feedbacks nach den abgeleisteten Zwischen- und Hauptprüfungen. Darin wurde tabellarisch festgehalten, wieviel Protzent man in den Bereichen wie Konzept, Umsetzung, Heft, Präsentation, mündliche Mitarbeit usw. erreicht hatte. So war leichter nachvollziehbar, wie sich die Gesamtnote zusammensetzt. Anschließend erläuterte der Dozent in dem Feedback seine Kritikpunkte und Empfehlungen. So eine Systemerweiterung würde der FH Dortmund meiner Meinung nach helfen, insbesondere den Studenten. Wir bekommen oft nur die Note eingetragen ohne weitere Erläuterung, sodass man sich kaum verbessern kann.
Ich habe gerne Zeit dort verbracht und das musste ich auch, weil ich viel nach- als auch vorarbeiten musste. Mein Englisch war bei der Ankunft alltagstauglich, aber sich im Unterricht spezifisch über ein Fachthema zu unterhalten fiel mir anfangs noch schwer. Studenten als auch Dozenten waren allerdings sehr rücksichtsvoll und nahmen sich Zeit für dich, um dir alles in Ruhe zu erklären.
An der Griffith University wird neben der Abschlussprüfung auch eine Zwischenprüfung gestellt, die vom Umfang her nicht minder gering ist. Die Zwischenprüfung in der Mitte des Semesters hatte den Arbeitsumfang, wie die normale Abschlussprüfung in einem Semester meiner heimischen FH.
An der Universität ist eine öffentliche Galerie integriert, wo Künstler aus aller Welt ausstellen. Dann gibt es noch zwei andere kleinere Galerien, in denen die Ausstellungen grob geschätzt jeden Monat wechseln.
Außerdem gibt es einen integrierten kleinen Shop für Künstlerbedarf, sodass man nicht in die Stadt fahren muss.
Die Mensa ist sehr klein, aber dafür auch sehr lecker- leider aber auch sehr teuer. Warme Gerichte kosten 5-6 Dollar, ein großer Kaffee 4 Dollar. Man muss auch keine Angst haben, dass alles ungesund ist. Natürlich kommt nichts gegen unser deutsches Brot an, aber Australier kochen auch gut und frisch.
Alles in allem ist Australien bekanntlich sehr sehr teuer. Glücklicherweise standen mir Auslandbafög und Kindergeld zu, dazu hatte ich mir einen Kredit besorgt, um die Gelder für den Flug und die Studiengebühren vorstrecken zu können. Diese werden einem ab Mitte des Ausladsemesters zurück erstattet. Alles ist teurer als bei uns, vom Kaffee in der Mensa über Unterrichtsmaterial bis hin zur Miete. Vor allem aber das Essen ist teuer. Im Supermarkt wird man mal eben seine 40 Dollar los für Kleinigkeiten.
Aber: es ist auch nur Geld. Und das kann man sich davor etwas ansparen und danach wieder einholen. Alles, was ich dort erlebt habe, ist eh unbezahlbar und bleibt als Erinnerung für den Rest meines Lebens.
Irgendwann fand ich mich in einem routinierten Ablauf wieder, bestehend aus den Tagen unter der Woche, die ich größtenteils in der Universität verbrachte und den Tagen am Wochenende, die ich für Ausflüge mit Freunden nutzte. Ich dachte anfangs daran, mir Arbeit zu suchen, doch diese Idee zerschlug sich mit der Zeit. Ich wollte schließlich auch die freie Zeit, die mir blieb nutzen, um etwas von Australien zu sehen.
Jeder einzelne Dozent würde von mir eine Empfehlung bekommen, speziell stach für mich allerdings Russel Craig heraus, ein begabter und sehr netter Dozent für den Bereich Druck. Alle Dozenten umarmten mich zum Abschied, wünschten mir viel Glück für die Weiterreise und beteuerten, es wäre eine Ehre gewesen, mich unterrichten zu dürfen- ich solle bald wiederkommen. Man kann nicht in Worte fassen, wie anders Australier sind, aber vielleicht umschreibt es ein Beispiel wie dieses.
Generell sind Australier sehr herzlich und hilfsbereit, einfache und unkomplizierte Menschen. Sorgen werden mit einem freundlichen „No worries mate.“ zu Nichte gemacht.
Nach meinen abgeleisteten Prüfungen fing ein zweiter Lebensabschnitt für mich an:
In den 10 Tagen Ferien Ende Oktober hatten wir bereits einen Roadtrip von Perth in den Norden unternommen. In Shark Bay unternahmen wir einen unvergesslichen Schnorcheltrip, während dem ich tatsächlich mit Schildkröten, Haien, Rochen und Schwertfischen geschwommen bin. Mit einigen anderen Leuten unternahmen wir dann nach dem Semester- Mitte November- mit zwei gemieteten Campervans einen Roadtrip, angefangen von der Gold Coast bis nach Sydney. Von da aus fuhr ich mit einer Freundin weiter nach Melbourne, entlang der Great Ocean Road nach Adelaide. Wir entschieden uns letztendlich dafür, die letzten Wochen in Melbourne zu verbringen. Empfehlenswerte Orte in Australien sind neben den Großstädten wie Melbourne und Sydney auch kleinere Ortschaften wie Byron Bay, die für ihre Surferstrände bekannt sind. Speziell aber das Fahren durch die Landschaft erklärt, wie riesengroß und stellenweise leer Australien ist und wie abwechslungsreich.
Leider lief mein Studentenvisa Ende Dezember aus(man muss das Studentenvisa unbedingt von Deutschland aus buchen), also flog ich zu Silvester wieder nach Hause.
In den Richtlinien für diesen Aufsatz steht die Frage „Was hätte besser laufen können?“ und ich muss wahrheitsgetreu sagen, dass es auf diese Frage keine Antwort gibt. Es lief alles bestens, wenn nicht sogar perfekt! Ich hatte eine unfassbare Zeit, auf die ich noch lange gerne zurückschauen werde. Ich habe viele Leute kennengelernt, viel erlebt und viel gesehen. Eine Geschichte mehr, die mein Leben schreibt und die ich nicht hätte missen wollen.
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