Ich wollte schon für eine längere Zeit im Ausland leben. Da ich es in meiner Schulzeit nicht gemacht habe, habe ich mir ein inneres Versprechen gegeben es in meinem Studium zu tun. Wohin war nicht so wichtig wie die Entscheidung überhaupt zu gehen. Aber irgendwas zog mich nach Portugal. Obwohl ich vorher nie in Portugal war traf ich die Entscheidung nach Lissabon zu gehen. Ich fand viel Unterstützung durch eine Kommilitonin, die ein Auslandssemester in Costa Rica gemacht hatte, und mich immer wieder motivierte es wahr werden zu lassen und natürlich war die Beratung in Auslandsangelegenheiten des Design-Campus essenziell und sehr hilfreich für mich. Es ist ein exzellenter Service, für den ich sehr dankbar bin. Für meinen ersten Sprachkurs habe das Angebot der FH-Dortmund genutzt. Es war ein solider Kurs, der mich dank meiner offenen Lehrerin auch etwas in die Normen der portugiesischen Kultur eingeführt hat. Man sollte unbedingt auf die Anmeldezeiträume für die Kurse achten, da sich diese superschnell füllen.
Ich habe erst zwei Monate vor Antritt meines Aufenthaltes mit der Suche nach einer Unterkunft begonnen, das schien mir logisch. Im Nachhinein würde ich auch nicht empfehlen viel früher damit anzufangen. Es sind viele Studenten in der Stadt und deshalb werden erst kurz vor Beginn eines neuen Semesters die Zimmer in den meisten Wohnungen frei. Da viele Zimmer keine Fenster haben, sollte man immer ausreichend Fotos anfragen. Den populären Anbieter ,,Uniplaces´´ kann ich nicht befürworten, da man dort einen Mietvertrag unterscheibt, ohne das Zimmer vorher live gesehen zu haben. Was ich empfehlen kann sind Facebookgruppen wie ,,International Friends Lisbon´´ oder ,,Casas/Quartos para Arrendar até 300 euros em Lisboa!´´, um dort nach Wohnungen zu suchen und sich als Suchender vorzustellen. Außerdem ist es gut im Freundeskreis anzufragen, wer wen kennt, der in Lissabon wohnt. Das hat mich am Ende zu meinem Ziel geführt. Die Mietpreise steigen in Lissabon stetig, aber alles über 350 Euro erschien mir immer zu teuer für ein Zimmer – je zentraler desto teurer wird es aber natürlich. Außerhalb zu wohnen ist meistens preiswerter und ruhiger, was Vor- und Nachteil ist. (Öffentliche-Verkehrsmittel-Pläne beachten, denn es gibt nur vereinzelt Nachtbusse; doch Taxis sind im Vergleich zu Dortmund unglaublich günstig und somit hin und wieder eine Option, wenn man nicht in fußnähe von Zentrum wohnt).
In Lissabon gibt es zwei Partnerhochschulen der FH-Dortmund, die für mich in Frage gekommen wären. An der IADE hätte ich meinen Studiengang Fotografie studieren können, ich habe mich allerdings für die Belas Artes entschieden. Sie ist die älteste Schule der feinen Künste in Portugal. Dass dort nicht der Studiengang Fotografie angeboten wird und ich deshalb Multimedia Art studiert habe, war mir sehr Recht, da ich auch meine Ambition für Illustration, Grafik und Video leben wollte und ich sehr offen für andere künstlerische Mittel war. Da Atmosphäre und Ausstrahlung der Schule spricht von sehr tiefen, alten Wurzeln der Kunst und erschien mir oft sehr geistlich und traditionell. Die Schule hat in Lissabon einen sehr konservativen Ruf. Meine Erfahrungen schließen dieses Urteil zwar nicht aus, doch kräftigen mehr das Gegenteil. Ich bin auf sehr offene Lehrenden gestoßen, die definitiv am Puls der Zeit sind. Ich kann aber auch jedem nur empfehlen am Anfang sehr viele Kurse zu belegen und erst nach zwei, drei Wochen eine definitive Kurswahl zu treffen. Die Fachgebiete sind Multimedia Art, Sciences of Art and Heritage, Drawing, Communication Design, Equipment Design, Sculpture und Painting. Es gibt ein weites Kursangebot aus dem man als Erasmusstudent aus dem Vollen schöpfen kann, weil man aus allen Fachgebieten frei wählen darf. Es gibt also für das Learning Agreement von Seiten der Belas Artes keine Einschränkung. Ich habe Audiovisual, Illustration, Grafik und Fotografie studiert. Allein in einer neuen Umgebung und Kultur zu sein hat mich sehr inspiriert und ich habe Illustration und Text als weiteres Ausdrucksmedium neben der Fotografie für mich entdeckt. Ich habe ein Fotobuch gemacht, drei Illustrative Werke in Form von Büchern und eine Videoarbeit, die ich am Ende Am Ende des Semesters beim ,,Erasmus Art Festival‘‘ im EKA-Palace ausgestellt habe. Inspiriert war ich auch durch die Diversität der Arbeiten meiner Kommilitonen. Was ich erwähnen möchte ist die Dynamik der Kritikgabe. Ich schätze es in Dortmund sehr nicht nur mit dem Professor, sondern auch mit meinen Kommilitonen die Arbeiten zu begutachten und zu diskutieren. Hier hatte ich aber meistens nur Einzelgespräche mit den Professoren, weshalb man nicht gegenseitig von den Ideen vieler Köpfe profitieren konnte.
Ich selbst habe nur die Dunkelkammer benutzt und gesehen, dass das einräumige Fotostudio sehr simpel ausgestattet ist. Doch ich möchte erwähnen, dass die Belas-Artes Studios für Glas/Mosaik, Keramik, Fliesenmalerei, Skulptur, Stein, Siebdruck hat, die meinem Eindruck nach sehr gut ausgestattet sind. Sie ist damit für Objekt- und Raumdesigner sehr interessant.
Was mich überrascht hat war die Anzahl der Erasmusstudierenden. Wir waren circa 30 Studierende und es gab noch circa zehn "Verlängerer". Die Begrüßung der heimischen Studenten-Assoziation war äußerst herzlich und offen. Zwölf portugiesische Studenten organisierten einen Filmabend und kochten heimische Gerichte für uns. Natürlich ist es sehr leicht mit den Erasmusleuten Freundschaften zu schließen, weil alle in einer sehr offenen und suchenden Lage sind. Doch ich kann nur ermutigen auch auf portugiesische Kommilitonen zuzugehen. Sie sind anfangs meiner Erfahrung nach eher diskret und deshalb etwas verschlossener, doch stets sehr höflich und nett und vor allem super hilfsbereit. Auch außerhalb der Uni habe ich unglaublich tolle, herzliche, lebensfrohe Menschen getroffen. Ich bin sehr dankbar für diese tiefen Begegnungen, die mich viel inspiriert auch mehr zu geben und den wahren guten Kern in jedem Einzelnen zu suchen und zu finden. Ich habe den hohen Wert von Offenheit, Freundlichkeit und Wertschätzung tausendmal mehr erfahren und verstanden.
Die Idee ein weiteres Semester zu machen kam mir schon recht früh. Dass ein Großteil meiner Erasmus-Freunde schon ihr zweites Semester in Lissabon studierte hat mir noch mehr Mut gemacht. Es war formell ein wenig kompliziert, weil der Fall von einem Sommersemester auf ein Wintersemester nicht im System vorgesehen ist, da die Sommerferien nicht gefördert werden. Jedoch ist es möglich jeweils innerhalb eines Studienzyklus zwei Auslandssemester zu absolvieren. Ich bin sehr glücklich und dankbar dafür noch ein weiteres Semester hier studieren und sein zu können. Außerdem kann ich mir sehr gut vorstellen Portugal als meine neue Heimat zu wählen.
Es gibt in Portugal zahlreiche Kommunities, die in der Natur leben, ihr Essen selbst anbauen und davon, dem Leiten von Workshops oder Zimmervermietung leben. Im Sommer habe ich drei Wochen als Volunteer auf einer Permaculture-Farm namens Terra Alta gearbeitet. Es hat mein Bewusstsein für nachhaltiges Leben, das die Natur respektiert, anstatt sie zu beschädigen, gestärkt und mich spüren lassen wie wohltuend und gesund es ist Zeit in der Natur zu verbringen. Dieses Bewusstsein habe ich danach mit nach Lissabon gebracht und hier nach einem Ort gesucht es weiter in der Stadt zu leben. Ich habe HortaFCUL gefunden, einen Garten in dem Studenten einmal in der Woche zusammen arbeiten und lernen. Wenn ich wieder in Deutschland zurück bin möchte ich nach einem ähnlichen Projekt suchen.
Bars/ Clubs: Art Casa, Pensão Amor, O Bom O Mau e O Vilão, Casa Independente, Damas, BUS, Crew Hassan, Eka Palace, Anjos70, RDA
Galerien/Museen: Ze De Bois , CCB, Hangar, Gulbenkain, MAAT, Palacio Ajuda
Umsonst und draußen: Ufer des Tejo, Miradouro Santa Catharina, Flohmarkt Feira da Ladra, Jardim da Estrela, , Largo do Intendente, Torre de Belem, Jardim Gulbenkain Park, Parque Florestal de Monsanto (hier nicht verpassen: Verlassenes Restaurant mit Aussicht), Festa de Santo Antonio im Juni; Mit Eintritt: Estufa Fria, Jardim Tropical de Belem, Jardim Botanico da Ajuda
Vegetarische Restaurants: Tao, Jardim dos Sentidos, Jardim das Cerejas, Manteigeria für die leckeren Pasteis de Nata, A Colmeia, Vegan Food Project, Oasis Vegetariano
Ich liebe diese Stadt, mit ihren Menschen, Klängen, Lichtern, Gärten, Bars und dem Fluss. Sie ist voller Schönheit, Möglichkeiten, Inspiration, Freude, aber auch Nostalgie. Sie ist im Wandel und wird nach außen immer hektischer, teurer und klischeebehafteter. Doch sie gehört nur auf dem Papier den Investoren. Ihre Seele sind die Menschen und Gestalter, die in ihr leben. Alle träumen und leben zusammen und sind dehalb reich im Herzen. Leider nagt an vielen die Dunkelheit der Existenssorgen, doch ein Portugiese sagte einmal zu mir: ,,We know how to live without money‘‘. Ich sah jeden Tag die Touristen in der Stadt ein und ausgehen, von einer Sehenswürdigkeit zur anderen hetzend. Was mich erfüllt hat war die Fahrt im Bus, abends beim Sonnenuntergang an einer Miradouro zu sitzen, am Wochenende am Strand wildzucampen, mit meinen Mitbewohnern zu grillen, Spaziergänge mit meiner Kamera zu machen und Zeichnungen zu kreieren, die mein Innerstes ausdrückten, den hohen Wert von Freundschaft zu erfahren, Güte, Gemächlichkeit und Herzensoffenheit in den meisten Menschen zu finden, neue Wörter auf Portugiesisch zu lernen aber vor allem eine Sprache zu fühlen, die wir alle tief in uns kennen und wortlos sprechen. Ich wurde erfüllt von Wärme und Zugehörigkeit. Hier konnte ich viele neue Seiten an anderen Menschen, mir und der Welt entdecken und leben und das hat mich verändert und mir gezeigt wie schön das Leben sein kann. Danke für alles!
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