Die Kooperation zwischen der FH Dortmund und der BMU kam erst Sommer 2016 zustande, so dass sich Kurzentschlossene noch bis Ende Juli für einen Auslandsaufenthalt bereits im nächsten Frühjahressemester bewerben konnten.
Die dazu nötigen Bewerbungsformalitäten, Unterlagen und Gespräche liefen soweit sie die FH Dortmund betrafen, sehr unkompliziert und zügig ab. Die Kommunikation mit Budapest gestaltete sich von Beginn an eher schwierig und aufwendig - auf viele meiner Mails wurde gar nicht erst geantwortet. Im Laufe meines Aufenthaltes blieb dieses Problem bestehen und ich ging dazu über, Mails mehrfach und an verschiedene in Frage kommende Personen gleichzeitig zu schicken, um hoffentlich eine Rückmeldung zu kriegen (dazu später mehr). Mir wurde vom damaligen Auslandsbeauftragten Prof. Jörg Lensing der Besuch eines Sprachkurses in Ungarisch ans Herz gelegt, aber mangels Zeit nicht zur Auflage gemacht. Letztlich habe ich keinen derartigen Kurs besucht, was nicht nur an fehlenden (und für mich in Frage kommenden) Angeboten lag, sondern an der Zweckmäßigkeit (aber auchdazu später mehr).
Bewerbungsfrist war Ende August und bereits Mitte September sollten die Ergebnisse vorliegen. Diese Frist wurde zunächst auf Mitte November, dann auf Mitte Dezember verschoben. Als auch diese letzte Frist verstrichen war und ich noch keinerlei Bescheid aus Budapest bekommen hatte, dauerte es einige Tage, zwei dutzend Anrufe (die nie beantwortet wurden) und ein halbes dutzend Emails, bis mir mitgeteilt wurde, dass nun die Winterferien anbrechen würden und man sich im neuen Jahr bei mir melden würde. Und tatsächlich - Mitte Januar habe ich die Zusage aus Budapest bekommen und war endlich nicht mehr im Ungewissen.
Optimistisch wie ich bin, hatte ich glücklicherweise bereits im Dezember mit der Suche nach einer WG angefangen und mir Ende Dezember bereits ein Zimmer gesichert. Ich empfehle jedem, sich für Wohnungen und Zimmer in Wohngemeinschaften in Budapest frühzeitig umzuschauen und nicht zuviel Zeit den diversen professionellen Vermittlern und Plattformen für private Anbieter zu widmen. Die Rückmeldungsquote dort ist lächerlich gering, die Auskünfte sind selten wirklich zufriedenstellen und die Preise oftmals überzogen. Wirklich hilfreich sind die unzähligen Facebook- Gruppen, in denen Studenten und Vermieter Angebote und Gesuche inserieren.
Budapest ist eine Stadt, die viel Energie in Gentrifizierung und international appeal investiert und dementsprechend verhält sich auch der Wohnungsmarkt: das Angebot wird der Nachfrage zum neuen Semester hin nicht gerecht, bzw. ist die Schere zwischen guten Zimmern/Wohnungen (was Mobiliar, Lage, Ausstattung, Preis, etc. betrifft) und nur als Notlösungen anzusehenen Unterkünften sehr groß, obwohl sie preislich oft sehr nah beeinander liegen. Üblich sind Preise zwischen 250-350 Euro für ein Zimmer in einer vollaugestatteten WG in zentraler und gut angebundener Lage in Budapest.
Ich entschied mich für eine 6er-Wohngemeinschaft mit vier weiteren Erasmus-Studenten aus Frankreich, Polen und Italien sowie einem freiberuflich als Programmierer arbeitendem Ungaren.
Die einzig sinnvolle Option, um von Westdeutschland nach Budapest zu kommen, ist das Flugzeug. Diverse Linien bieten Direktflüge von Dortmund (Wizzair) und Düsseldorf (Germanwings). Wizzair ist sehr zu empfehlen, da die Flüge (trotz teils hoher Gebühren für das Gepäck) sehr günstig sind und es die Möglichkeit einer Discount-Club-Mitgliedschaft für 29,95 Euro im Jahr gibt, mit der man bei jedem Flug ab 20 Euro einen Rabatt von 10 Euro kriegt und sich die Gebühren für aufgegebenes Gepäck auch um jeweils 5 Euro verringern. Da ich während meines Aufenthalts zweimal zurück nach Deutschland musste, hat sich diese Mitgliedschaft mehr als bezahlt gemacht.
Ich war bereits im März 2016 zu studienzwecken (Umsetzung einer Fotodokumentation zu Graffiti und Streetart) in Budapest, so dass mir die Stadt bereits bekannt war. Obwohl die Sprache absolut unverständlich ist, findet man sich als Tourist/Auslandsstudent sehr gut und schnell zurecht. Viele Informationen im öffentlichen Raum sind in oder auch auf Englisch, Durchsagen in z.B. der Metro werden ebenfalls übersetzt.
Budapest kann eines der besten öffentlichen Verkehrsnetze in Europa vorweisen. Vier Metrolinien, ein dutzend Straßenbahnen und unzählige Busse bieten hervorragende Anbindung für einen sehr großen Teil der Stadt und nicht nur des Zentrums. Direkt vor meinem Haus fuhren gleich zwei Straßenbahnlinien im 3-Minuten-Takt, eine davon sogar die gesamte Nacht durch (dann immerhin noch alle 10-15 Minuten). Als Student (nicht nur einer ungarischen Universität, sondern gleich welchen Herkunftslandes) kostet das Monatsticket für alle Bereiche des Nahverkehrs umgerechnet gerade mal 11,50 Euro.
Als begeisterter Radfahrer kaufte ich mir allerdings trotzdem nach wenigen Wochen ein Fahrrad, um noch etwas mobiler zu sein. Verkehrssichere Gebrauchträder kriegt man privat oder im Fachhandel für 50-100 Euro, das Radfahren in Budapest ist allerdings alles andere als sicher. Ich bin ein halbes dutzend Situationen gekommen, in denen ich nicht ohne ausreichende Reaktion oder Voraussicht in mehr oder weniger gefährliche Unfallsituationen geraten wäre. Die Stadtverwaltung arbeitet aber an einem Ausbau der Fahrradwege und ist bemüht, Radfahren in der Stadt bequemer und sicherer zu machen.
Um es direkt vorweg zu nehmen: Ich kann niemandem ein Studium an dieser Partnerhochschule empfehlen. Die mangelhafte Kommunikation vor meinem Studienantritt war bereits eine Vorahnung dessen, was mich vor Ort erwarten würde und es wurde noch schlimmer. Ich weiß nicht, woran es liegt, aber an dieser (Privat-!)Universität laufen einige Dinge schief, die den Studienalltag extrem beeinträchtigen und mich alle bemitleiden lassen, die dort ihr gesamtes Studium absolvieren (müssen). Die Fotografie-Lehre vor Ort ist weit unter dem Niveau, das ich von meiner Heimathochschule gewohnt bin. Das liegt zum einen an der Ausstattung des Studios und dem verfügbaren Equipment (es gab zum Beispiel vier Crop-Kameras von Nikon, aber nur einen Akku), über die ich aber gerne hinwegsehen kann, weil wohl kaum eine zweite Lehreinrichtung mit der Ausstattung der FH Dortmund mithalten kann und ich in dieser Hinsicht von vornherein auf Abstriche gefasst war. Das Personal ist allerdings ebenfalls in jeglicher Hinsicht unqualifiziert: Inhalte, Aufbereitung, Anforderungen an die Studenten, didaktische Kompetenz - in jedem erdenklichen Bereich, der ein gutes Studium ausmacht, gibt es mindestens einen Dozenten, der absolut untaugliches Verhalten oder mangelnde Kompetenz vorweisen kann. Studieren unter diesen Umständen ist nicht nur ernüchternd, sondern ermüdend. Zum Glück gab es dennoch genau einen Professor, mit dem ich mich nicht nur fabelhaft verstanden habe, sondern von dem ich tatsächlich einiges lernen konnte und dem ich sogar privat im Studio assistiert habe. Diese Begegnung allein schafft es dennoch nicht, meine Erfahrung an dieser Universität positiv ausfallen zu lassen.
Problematisch ist auch die Verwaltung der Hochschule. Die Auslandsbeauftragte der BMU war während meines Aufenthaltes mehrmals selbst aufgrund von Auslandsaufenthalten verhindert, so dass wichtige Dokumente von ihr erst Wochen später (aber rückdatiert auf das Datum, zu dem ich erstmals um eine Unterschrift gebeten hatte) unterschrieben wurden. Ich war dadurch in der Pflicht, mehrmals Rücksprache mit dem International Office der FH Dortmund zu halten, um anstehende Fristen für die Bearbeitung meines Auslandsaufenthaltes nach hinten verschieben zu können (an dieser Stelle möchte ich Dagmar Hösch einen großen Dank für ihr Verständnis aussprechen).
Wer Ungarisch lernen möchte, muss sehr viel Zeit dafür aufwenden. Ich glaube nicht, dass der Besuch eines Sprachkurses (vorab oder vor Ort) irgendeinen Mehrwert für mich gehabt hatte, weil die Zeit-Nutzen-Rechnung für einen so kurzen Aufenthalt nicht aufgegangen wäre. Ungarisch ist keine indogermanische Sprache, sondern gehört zu den finno-ugrischen Sprachen und bietet daher - im Gegensatz zu den meisten anderen europäischen Sprachen - so gut wie keine Ähnlichkeiten, die einem das Lernen vereinfachen würden. Die nächstverwandte Sprache des Ungarischen ist da Finnische, und auch dort sind die Gemeinsamkeiten unbedeutend gering.
Zum Glück kommt man mit Englisch sehr gut zurecht - zumindest in Budapest, im Umland und den kleineren Städten Ungarns ist man damit eher schlecht beholfen. Das Englisch jüngerer Ungaren (bis ca. 25) ist im Durchschnitt gut genug, um im Alltag nie auf Probleme zu stoßen und sich ausreichend unterhalten zu können.
Das Leben in Budapest ist sehr günstig und sehr vielfältig: Bars, Clubs, Kneipen, Restaurants, Museen, Gallerien, Parks, Monumente... Ich halte Budapest für eine der schönsten Städte in Europa! Die Architektur ist bemerkenswert, weil das Zentrum zu 99% aus Altbauten besteht, die nicht später als 1920 errichtet wurden. Gebäude im Jugendstil und Historismusstil, die in Deutschland das Juwel einer jeden Kleinstadt sein könnten, säumen dort die Straßen. Für mich als Architektur-Fotograf war der Aufenthalt in dieser Stadt eine großartige Gelegenheit und ich habe mehr Freude daran gefunden, mich so lange Zeit dort bewegen zu können, als ich durch das Studium erfahren habe.
© FACHHOCHSCHULE DORTMUND - FACHBEREICH DESIGN, 2019 - 2024