Ich begann ca. 1 Jahr vor meiner Abreise mit den Vorbereitungen, die Anlaufstelle ist das International Office sowie Herr Prof. Jörg Lensing für den Fachbereich Design. Das Erasmus Bewerbungsverfahren verläuft mittlerweile fast ausschließlich Online, wo man im Portal diverse notwendige Dokumente/ Unterschriften hochladen kann und so eine Übersicht über den Prozess behält.
Da ich bereits in der Oberstufe am Gymnasium 3 Jahre Italienisch hatte, besuchte ich vorher “nur” noch zusätzlich einen Auffrischungskurs. Ansonsten würde ich schon definitiv vorher mit dem Erlernen der Sprache beginnen und die Angebote, die die FH Dortmund z.Bspl. in Kooperation mit dem Auslandsgesellschaft Dortmund unterhält, nutzen (die Vorlesungen sind ausschließlich auf Italienisch).
Eine günstige Möglichkeit zur Anreise bietet der Ryan Air Flughafen in Bergamo, von da gelangt man innerhalb einer Stunde mit dem Shuttlebus zum Hauptbahnhof, Milano Centrale.
Da ich noch keine Unterkunft hatte, bin ich zuerst nur mit Handgepäck angereist und habe einen Monat später die restlichen persönlichen Dinge nachgeholt. In den ersten Tagen bin ich in einem Hostel untergekommen und konnte mir so Wohnungsangebote direkt vor Ort anschauen.
Was die Wohnungssuche anbelangt würde ich etwas früher nach Mailand kommen und vor Ort nach einer Wohnung/ WG/ Zimmer suchen. Eine Suche aus Deutschland gestaltet sich schwierig und kann ich jedem nur abraten, da auch “linke” Angebote kursieren, die es darauf anlegen einen über den Tisch zu ziehen.
Auch wollen die Vermieter meistens sowieso einen Mietvertrag abschließen.
Um diesen überhaupt abschließen zu können, ist es wichtig, dass ihr euch zeitnah einen Codice-Fiscale besorgt, den der Vermieter für den Mietvertrag benötigt. Das ist eine Art Steuernummer, die jeder Italiener zur Geburt bekommt und die man auch als Ausländer kostenlos beantragen kann. Wichtig wird diese Nummer auch wenn man Handyverträge/Prepaid abschließen möchte. Jedoch sollte man einige Zeit im Bürgeramt einplanen, da die Italiener nicht die schnellsten sind, wenn um die Bürokratie geht.
Das Leben in Mailand ist sehr teuer, nicht unüblich daher ist die Unterbringung im Doppelzimmern, Kostenpunkt 300 - 350 Eur, die Betten stehen dann eng an eng und wer Privatsphäre braucht, sollte das bedenken. Wer gerne ein Einzelzimmer hätte, muss dann mit 500 Eur aufwärts rechnen. Was den Wohnstandard anbelangt, solltet ihr nicht erwarten, dass man ein großes Zimmer im sanierten Altbau beziehen kann.
Studentenwohnheime bietet die Akademie keine, hilft jedoch bei Zimmervermittlung.
Sonstige Anlaufstellen: http://milano.bakeca.it, www.easystanza.it oder die schwarzen Bretter der Unis sind meine Tipps. Ich habe schließlich gemeinsam mit zwei anderen Studentinnen (Finnland/ Spanien) in einer WG gewohnt. In Kontakt sind wir schon vor der Abreise durch eine Facebookgruppen gekommen, (Milano Erasmus 2015/16), es lohnt sich also reinzuschauen, was es für das aktuelle Jahr an Gruppen gibt!
Ein Welcome-Day war für Erasmus Studenten nicht vorgesehen. Man stellte sich im Internatonal Office vor und konnte das Einschreibungsprocedere vollziehen, in der Regel ist das die Schnittstelle, wo man andere Erasmusstudenten trifft.
Zum Zeitpunkt der Ankunft herrschte relatives Chaos, da der Kursplan für die gesamte Akademie noch nicht feststand. Man tut gut daran selbst sehr aktiv zu sein und mehrmal nachzufragen, ob es bereits ein Update gibt, anders wird es schwer sein an Informationen zu kommen. Sobald etwas verfügbar war, habe ich mir sämtliche Stundenpläne als PDF/ Ausdruck geben lassen.
Generell wird einem von der Akademie bei der Wahl der Kurse komplett freie Wahl gelassen (das Angebot ist üppig!), man kann sich jede Vorlesung/ Seminar, die/das einen interessierte ansehen und sich später für die endgültige Version des Learning Agreements entscheiden (ein Change of Learning Agreement ist eher die Regel). Man ist also einerseits sehr frei (in der Kurswahl), andererseits sehr auf sich selbst gestellt und tut gut daran seine Planung selbständig in die Hand zu nehmen, was ich persönlich durchaus sehr angenehm fand, da ich mir ungern etwas vorkauen lasse. Hat einem ein Kurse gefallen und man möchte diesen besuchen, muss man sich einen Wisch vom jeweiligen Prof unterschreiben lassen, als Bestätigung, dass dieser einen sozusagen in seiner Klasse “aufnimmt”. Das Formular ist wichtig, dieses gibt man im Erasmusbüro ab.
Trotz dieser chaotisch-gelassenen Haltung der Italiener, an die man sich besser schneller als langsam gewöhnen sollte, standen die Beauftragten im Erasmusbüro stets bereit für Fragen und kümmerten sich auch immer um dein Anliegen, sofern es in Ihrem Einflussbereich stand.
Die Akademie bietet Sprachkurse für Erasmusstudierende in 2 Niveaustufen an (Anfänger/ Fortgeschrittenen). Dazu folgt am Anfang des Semesters ein Einstufungstest.
Ich würde raten dorthin zu gehen, neben dem Spracherwerb, hat man so unter anderem auch die Möglichkeit andere Erasmus Studenten kennenzulernen und Anschluss zu finden. Wegen des fehlenden Welcome-Days/ Einführungsveranstaltung gibt es sonst eher wenig, bis keine Überschneidungsmöglichkeit mit anderen Erasmus Studenten.
Insgesamt waren aber auch die Italienischen Kommilitonen interessiert und hilfsbereit, ich habe erstaunlich gut und schnell Anschluss gefunden.
In meinem Fall hatte ich engeren Kontakt zu den Italienischen Studierenden, als zu Erasmus Studenten, was an meiner für Erasmusstudenten eher untypischen, theoretischen Kurswahl lag. (Die Regel ist eher, dass Erasmusstudenten praktische Kurse vorziehen, was sprachbedingt ist, ich war in der eher theoretische Studienrichtung “Visual Cultures” die einzige Erasmus Studentin.)
Man muss sagen, dass die Qualität der Kurse/ der Ruf der Akademie stark variiert, die Malerei-/ Skulpturklassen ernten durch schlechte Ausstattung, fehlende Arbeitsräume etc. eher negative Kritik. Auch in Bühnenbau und Dekoration wird of nur an kleinen Miniaturmodellen gebaut, es entsteht selten etwas “reales”, wie es an der FH Dortmund üblich ist!
Das Steckenpferd der Schule ist definitiv die eher theoretische Studienrichtung VISUAL CULTURES E PRATICHE CURATORIALI.
Das DIPARTIMENTO DI COMUNICAZIONE E DIDATTICA DELL'ARTE ist der disziplinierteste und bestorganisierteste Studiengang der Akademie.
Inhaltlich werden hervorragende und sehr stimulierende Kurse angeboten und ich entschied mich letztendlich für Kurse aus diesem Bereich. Man sollte jedoch bedenken, dass die eigenen Sprachkenntnisse auf einem gewissen Level vorhanden sein sollten. Dann lohnt es sich allemal! Die besagte Studienrichtung ist sehr interdisziplinärer aufgebaut, so wird man stimuliert bestehende Systeme zu hinterfragen, neue Zusammenhänge zu schaffen, kritischer, eigenständig und freier zu denken. Ich habe den theoretischen Input und cross-disziplinären Ansatz (gerade im Master als “postgraduate studies”), als sehr bereichernd und als Gegenpol zum eher sonst praxisbezogenen Designstudium im an der FH Dortmund erlebt.
Die Kurse finden in der Regel zwei Mal die Woche statt. Besuche von Ausstellungen waren auch Teil mancher Kurse.
Schnittstellen zur Praxis werden nicht außer Acht gelassen, eine Abrundung stellte z.Bspl. ein Workshop in Zusammenarbeit mit Fondazione Hangar Bicocca dar, wo eine thematische Führung von Studierenden zur Ausstellung Philippe Parrenos, Hypothesis abgehalten wurde.
Ein anderer Kurs sah eine Projektausarbeitung vor – es war also nicht nur trockene Theorie.
Die entsprechenden Begleitmaterialien (Kopien) + Literaturliste zum Kurs werden von den jeweiligen Professoren in der “copisteria” (Kopierraum) hinterlegt. Dort kann man sich aus der Schachtel des Profs raussuchen was man braucht, es sich kopieren lassen, bezahlen und durcharbeiten. Zusätzlich werden Bücher benötigt, die man sich bestellt/ kauft. Weniger also Materialien, sondern Lesestoff. Mit dem Lesen sollte rechtzeitig angefangen werden.
Für reguläre Studenten herrscht, anders als an der FH Dortmund, Anwesenheitspflicht von 80% mit Anwesenheitsliste. Zwar wird es bei Erasmusstudenten nicht ganz so akribisch darauf geachtet, jedoch kann ich keinem empfehlen, das als Freischein zum Fehlen zu sehen. Am Ende entscheidet der Professor, ob er dich die Prüfung ablegen lässt und auch sonst tut man sich keinen Gefallen den Unterricht zu verpassen.
Italienischen Professoren waren in der Regel sehr freundlich, hilfsbereit und interessierten sich für einen (die mürrischen sind eher Ausnahmen.) Man konnte zur Sprechstunde („ricevimento“) gehen und sie standen auch per e-mail zur Verfügung.
Bei Prüfungen, meist Kolloquium, sind durchaus 30 andere Studierende anwesend, nicht so wie an der FH Dortmund, wo das eine kleine Privatveranstaltung ist.
Manche Professoren bieten die Möglichkeit eines Präkolloquiums an, wo man eine Prüfung simuliert und sein Wissen vorher testen kann (z. Bspl. Philosophie).
Erstaunt hat mich, dass es keine Mensa an der Akademie gab! Die günstigste Verpflegung in der Uni ist das selbst mitgebrachte Essen. Zum Glück gibt es in dem sogenannten Künstlerviertel Brera, wo sich auch die Akademie befindet, zahlreiche Cafés und Bistros.
Das Gebäude der Akademie selbst ist sehr beeindruckend, mit großen Hof, und einer mittigplatzierten Statue Napoleons. Dort ist auch die städtische Pinakothek angesiedelt, sowie die städtische Bibliothek und historischen Räumlichkeiten.
Möglichst schnell sollte man sich eine Metro-Karte beantragen. Das Monatsticket kostet für Studenten 22 Euro ( Einzelfahrten kosten 1,50 Eur). Beantragen kann man die Karte bei den ATM-Points, beispielsweise an der Metrohaltestelle Duomo. Dafür braucht ihr lediglich ein Passbild, den Ausweis und eine Studienbescheinigung/ Studentenausweis der Gasthochschule.
Eine gängige Tradition für gesellige Abende ist das “ Aperitivo”, eine Art „all you can eat“-Buffet zw. 8-12 Euro von 19-21 Uhr überall in den Mailänder Bars (z.Bspl. im Navigliviertel, auch sehr gut zum Ausgehen).
In Mailand kann man von den viele wechselnde Ausstellungen und Vernissagen profitieren, nicht verpassen sollte man: Fondazione Prada, Novecento, Hangar Bicocca, Triennale, Palazzo Reale, dazu war noch zum Zeitpunkt meines Aufenthaltes die Expo aktuell - also eine durch und durch stimulierende Stadt! Dabei sollte man auch den Castello und den tollen Parco Sempione nicht außer Acht lassen.
Es gibt verschiedene Erasmusgruppen (Facebook), denen man sich anschließen kann, diese Gruppen organisieren viele eigene Partys und Ausflüge (was ich persönlich weniger genutzt habe, da ich bereits “freizeittechnisch” voll ausgelastet war durch die Einbindung in einer Gruppe italienischer Studenten, sonst eignet sich die Möglichkeit aber gut, um Anschluss zu finden!).
Von Mailand aus kann man sehr gut per Zug andere Städte und Sehenswürdigkeiten erreichen. Wer die Nase voll hat vom Großstadtgetümmel kann einen Abstecher zum “Lago Como” machen. Ein Highlight war für mich die Biennale di Venezia, wo wir mit einer Gruppe Italienischer Studenten für drei Tage hingefahren sind. Sollte man zum Zeitpunkt in Mailand sein, wo diese abgehalten wird, sollte man sich das nicht entgehen lassen! Zugfahren ist in der Regel in Italien günstiger, als in Deutschland.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Tempo, in dem die Sachen in Italien geschehen, es ist langsamer, auch im „hektischen“ Mailand. Einstellung: irgendwie wird es schon funktionieren und morgen ist ja auch noch ein Tag! Mit der deutschen “Pedanterie” sollte man eher zurückhaltend sein, sonst stößt man Menschen schnell vor den Kopf. Dafür sind Italiener–so meine Erfahrung –sehr viel offener, herzlicher und einfach im Umgang.
Es ist nicht mein erster Kontakt mit einem “internationalen” Umfeld. Ich finde es jedoch interessant festzustellen, dass ich im Gegensatz zu anderen doch um einiges gelassener mit “kulturellen” Unterschieden umzugehen kann, ich flexibler bin, wenn es darum geht sich umzustellen, ungewohntes anzunehmen und sich in einer fremder Umgebung zurecht zufinden. Gerade Jemanden, der wenig oder keine Erfahrung im Ausland hat, kann ich zu diesem Schritt also nur ermutigen!
Man wird automatisch nicht darum herumkommen Sprach- und Lebenserfahrung zu sammeln, von denen man nur profitieren kann. Wer die Möglichkeit hat, dem würde ich raten für ein akademisches Jahr zu gehen,
1. Semester wäre zu kurz für einen guten Erasmusaufenthalt in Italien.
Letztlich liegt es natürlich immer an einem selbst, wie viel man für sich mitnimmt, wie viel man lernt, welche Erfahrungen man macht. Nicht zuletzt sind es auch die Leute die man kennenlernt, die einen integrieren und teilhaben lassen an Kultur und Leben im Ausland.
Ich habe mir immer eine internationale Ausrichtung gewünscht und bin ausgesprochen dankbar, erneut eine Möglichkeit für ein internationales Umfeld bekommen zu haben.
Vor allem konnte ich die Italienische Sprache perfektionieren und für mich viel theoretischen und kreativen Input mitnehmen.
Dem International Office danke ich für ein wundervolles Jahr im Ausland!
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